Es klingt schon fast wie eine Plattitüde, weil es seit Monaten täglich in Zeitungen, Nachrichten und Fernsehbeiträgen aufgegriffen wird: „Wohnen ist Menschenrecht“. Doch leider …

… ist dieser Satz für viele Wohnungssuchende alles andere als eine nichts sagende, abgedroschene Redewendung. Im Artikel 106 der Bayer. Verfassung ist unter Punkt 1 und 2 festgeschrieben: „Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Die Förderung des Baues billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.“ Landauf und landab suchen Menschen verzweifelt nach bezahlbaren Mietwohnungen. Doch falls sie zu den Glücklichen gehören, die tatsächlich eine Wohnung finden, müssen sie einen zunehmend größeren Teil (oft schon bis zu 50%) ihres monatlichen Einkommens für die Miete aufwenden.

Diese Entwicklung trifft weitgehend auf ganz Deutschland zu, fokussiert sich aber besonders in München, ganz Oberbayern und besonders auch im hochpreisigen Landkreis Starnberg und trifft vor allem Menschen mit geringerem Einkommen. Für Menschen ohne eigenes Einkommen (z.B. Harz-IV-Empfänger)ist die Situation besonders prekär. Hier übernimmt zwar das Jobcenter die Kosten für die Miete und begrenzt gleichzeitig die Größe des „angemessenen Wohnraums“. auf 50 qm. Einer alleinstehenden Person stehen bis zu 50 qm zu. Im bayernweiten Vergleich zeigen die Summen, die die Jobcenter aktuell für diese Kaltmieten übernehmen, deutlich das „Nord-Süd-Gefälle“: In Nürnberg werden 242,00€, in Passau 308,50 € in Würzburg 319,00 € und in Seefeld 540,00 € übernommen.

Ob und wie diese Kostensteigerung (noch) zu stoppen ist, beschäftigt Politiker und Verbände in der ganzen Republik. Bisher leider nur mit mäßigem oder gänzlich ohne Erfolg. Fakt ist, dass sich die Schere zwischen denen, die bereit und in der Lage sind, jeden Preis für ihre Wunschimmobilie in gewünschter Größe zu bezahlen und denen, die verzweifelt nach einer kleinen Wohnung suchen, fast täglich weiter öffnet. Im Landkreis Starnberg ist das für viele besonders schmerzlich zu spüren.

Was kann die Politik, was kann der Einzelne dieser Entwicklung entgegensetzen? Zugegeben, die Antwort ist nicht leicht und muss mindestens so vielschichtig sein, wie die ganze Problematik. Es ist ja nicht so, dass bei uns nicht gebaut würde. Nein, im Gegenteil: In Seefeld, wie in jeder Gemeinde, ragen Baukräne hoch über die Dächer des Ortes. Es entstehen neben Gewerbeimmobilien viele Einzel- und Doppelhäuser, aber viel zu wenige kostengünstige Mietwohnungen in „angemessener“ Größe. Im Gegenteil: Die jährlich herausgegebene Statistik vom Regionalen Planungsverband belegt sehr deutlich, dass in Seefeld (und auch in den anderen Landkreisgemeinden) die Größe des genutzten Wohnraums pro Kopf immer noch ansteigt. D.h. unsere Wohnungen und Häuser werden immer größer — für die einzelnen Bauherren fast schon eine Selbstverständlichkeit, für die Gemeinde, die auf das Wohl aller bedacht sein muss, eine sehr ungute Entwicklung.

Neben den immer größer geplanten Neubauten ist ein weiterer Grund für die Steigerung des „pro-Kopf-Verbrauchs“ an Wohnraum die zu groß gewordenen Häuser der älteren und alt gewordenen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Kinder sind ausgezogen, der Ehepartner verstorben und das Haus wird nur noch von einer Person bewohnt. Das Modell „Wohnen für Hilfe“ könnte hier Abhilfe schaffen: Gegen eine reduzierte Miete einerseits und klar festgelegter Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags andererseits könnte nicht nur ein Verbleib in den eigenen „vier Wänden“ gesichert, sondern auch leerstehender Wohnraum genutzt werden.

Um weiteren Spekulationen mit Grund und Boden vorzubeugen, muss Genossenschaftliches Bauen die Zukunft sein, besonders auch in Seefeld. Ein kleiner Anfang ist gemacht. An der Hedwigstraße in Oberalting wird die „Maro“, eine Wohnbaugenossenschaft mit einem gut durchdachten Konzept für nachbarliches Wohnen, ihr erstes Projekt am Ort verwirklichen. Ob auch die nächsten Häuser an der Spitzstraße in Hechendorf von der Maro oder einer anderen Wohnbaugenossenschaft gebaut werden, ist noch nicht entschieden, wird aber im Gemeinderat aktuell und leidenschaftlich diskutiert. Die SPD-Fraktion wird sich dafür einsetzen, dass auch für diese Häuser ein genossenschaftliches Konzept verwirklicht wird.

Denn die Gemeinde trägt die Verantwortung dafür, dass Wohnen für alle, egal, wie dick oder dünn der Geldbeutel ist, möglich ist — für die viel zitierte Krankenschwester ebenso, wie für Rentner, für die jungen Familien mit Kindern und — ja und auch für die anerkannten Flüchtlinge, die mittlerweile mehr als drei Jahre in Seefeld leben, arbeiten, Steuern zahlen und in dieser Zeit längst „Einheimische“ geworden sind. Für sie ist die Wohnungssuche noch einmal schwerer als für alle anderen, weil sie zusätzlich so vielen Vorurteilen ausgesetzt sind, dass sie nicht einmal eine Antwort bekommen, wenn sie auf ein Wohnungsinserat schreiben.

Ein ganz besonderes Projekt hat ein Hechendorfer Ehepaar gewagt, das mit der erfolglosen Wohnungssuche der Flüchtlinge bestens vertraut ist. Sie haben im Frühjahr 2018 ein ganzes Haus zum ortsüblichen Preis angemietet und darin je ein Zimmer an vier Flüchtlinge und zwei Zimmer an eine kleine Flüchtlingsfamilie vermietet. Mit diesem Wohnprojekt wird kein Geld verdient, da die Mietpreise für die Zimmer der Flüchtlinge äußerst knapp kalkuliert sind. Es ist ein absolut uneigennütziges Projekt, das viel Lob und Hochachtung verdient und zur Nachahmung anregen sollte.

Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, sich für genossenschaftliches Wohnen, für das Modell „Wohnen für Hilfe“ oder für ein Wohnprojekt wie in Hechendorf interessieren, freuen wir uns auf Ihre Nachricht. Die Mitglieder des SPD-Ortsvereins nehmen gern Kontakt mit Ihnen auf und vermitteln gegebenenfalls auch die passenden Ansprechpartner für Sie.

Von unserer Gemeinderätin Ute Dorschner

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